Montag 28. Januar 2008 - 20h
Die neue Atomkraftgeneration IV in der Schweiz und was Bürgerinitiativen dagegen tun können.
Horst Blume, Referat und Diskussion

Wie legt man ein Atomkraftwerk still? Bürgerinitiativen als Gegenmacht von unten.

Die Schweiz bereitet zur Zeit zusammen mit insgesamt 10 anderen Staaten (USA, EU, China, Südafrika ...) durch die Entwicklung einer neuen Generation von Atomkraftwerken einen gefährlichen Angriff auf die Gesundheit und das Leben unzähliger Menschen vor.
Die Atomindustrie versucht diese „Generation IV“-Reaktoren als besonders umweltfreundlich und sicher zu verkaufen, um für eine größere Akzeptanz in der Bevölkerung zu werben. Diese aktuelle Entwicklung hat ganz konkret mit Winterthur zu tun: Hier wurden bis Anfang der 80er Jahre von der Firma Sulzer 20 % der Anlagenteile für den Thorium Hochtemperaturreaktor (THTR) im westfälischen Hamm gebaut, der als Prototyp für die neue Generation IV gilt. Und ebenfalls wird heute innerhalb der Zürcher Hochschule Winterthur diese Reaktorlinie erneut propagiert.
Allerdings kam es im westfälischen Hamm 1986 zeitgleich mit der Katastrophe von Tschernobyl zu einem von den Betreibern zunächst verschwiegenen Störfall in dem angeblich so sicheren Atomkraftwerk, worauf empörte Landwirte mehrmals mit ihren Treckern tagelang die Zufahrten blockierten. In einem dreijährigen Kampf haben Bauern und die Bürgerinitiativen mit ihrem „rustikal-gewaltfreien“ Widerstand die Atomindustrie niedergerungen, bis der Reaktor stillgelegt wurde. Der Erfolg dieser kleinen und bisher wenig beachteten Bürgerinitiative (www.reaktorpleite.de) hat verschiedene Gründe, auf die der Referent eingeht. Überparteilichkeit, langfristig ausgerichtetes strategisches Denken, die Berücksichtigung des Bewusstseins der Bevölkerung und direkte Aktionen spielten dabei eine wichtige Rolle. Die Hoffnung: Bürgerinitiativen können sich zu räteähnlich organisierten Gegenstrukturen zum Staat weiterentwickeln.
Die Atomindustrie hat nach dieser Niederlage still und leise weiter an der „Generation IV“ geforscht und versucht es jetzt ein zweites Mal. In der BRD trotz sogenanntem Atomausstieg mit EU-Geldern. In China steht schon ein neuer Versuchsreaktor; ein Prototyp wird jetzt auf ehemaligem deutschen Kolonialgebiet gebaut: Am deutschen Wesen soll die Reaktorwelt genesen. In Südafrika beteiligen sich bundesdeutsche Firmen am Hochtemperatur-Reaktorbau. Die Schweiz mischt beim „Internationalen Forum 4.Generation“ (GIF) kräftig mit, das Paul Scherrer Institut (PSI) forscht ebenfalls hierzu. Höchste Zeit, dass sich auch in der Schweiz Widerstand regt. Vielleicht ist ja als Einstieg ein kleines direktes Aktiönchen am Rande der libertären Tage möglich?

Horst Blume geb. 1954, seit 1975 Mitarbeit in Bürgerinitiativen gegen Atomkraft, Mitarbeit in verschiedenen libertären Zeitschriften, in den 80er Jahren kurze Zeit Ratsherr einer grün-alternativen kommunalen Wählergemeinschaft, seit 1987 Herausgeber der Zeitschrift THTR-Rundbrief [www.reaktorpleite.de].

       
Libertäre Aktion Winterthur * www.law.ch.vu * law[at]arachnia[punkt]ch